Detaillierte Datenblätter

Allgemeine Eigenschaften der phönizisch-punischen Nekropolen

Die Phönizier bestatteten ihre Toten immer in einer gewissen Entfernung vom Ort und ihre Nekropolen waren nie besonders monumental, zumindest nicht auf Grundlage des bis heute bekannten Materials. Bekannt ist die Verwendung von Grabsteinen (sema genannt, vom griechischen Wort für “Zeichen”) in einigen Nekropolen der westphönizischen Zeit. Im Fall von Sant’Antioco sind zwei Baityloi bekannt, das heißt, Steine, die die Gottheit symbolisieren, die im Inneren des Grabs Nr. 12 gefunden wurden (Abb. 1-2).

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Abb. 1 - Planimetrie des Grabs Nr. 12 von Sulky (aus: BERNARDINI 2010, S. 1263, Abb. 1).
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Abb. 2 - Die beiden Baityloi der linken Zelle des Grabs Nr. 12 (aus: BERNARDINI 2010, S. 1264, Abb. 2).


Die Phönizier hielten stets eine gewisse Entfernung zwischen dem Ort und der Nekropole ein; in Sardinien beträgt die Entfernung zwischen Ort und Nekropole auf der Halbinsel Nora ca. 500 Meter und in einigen Fällen sind mehrere Nekropolen für einen Ort vorhanden, wie in Tharros, mit zwei Nekropolen, eine am Kap San Marco zum Meer hin am Ende der Halbinsel, und eine im Hinterland, in San Giovanni di Sinis, unter der modernen Siedlung (Abb. 3).

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Abb. 3 - Schematische Karte des Endes der Halbinsel Sinis mit Angabe der antiken Ruinen von Tharros (aus ACQUARO, MEZZOLANI 1996, S. 8, Abb. 1).

Die Wahl von zwei Bereichen außerhalb der Stadt für die Anlage der Nekropolen ist auch in Cagliari belegt. Die Stadt verfügte über zwei Begräbnisstätten, eine im Westen und eine im Osten des Stadtkerns: Die westliche Nekropole war die auf dem Hügel von Tuvixeddu (“die kleinen Löcher“), in der der Typ mit unterirdischer Kammer und Eingang mit vertikalem Schacht vorherrscht, genutzt vom 6. Jahrhundert bis zum 3. bis 2. Jahrhundert v. Chr. (Abb. 4), während die östliche Nekropole noch teilweise sichtbar ist am Bonaria-Hügel.

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Abb. 4 - Luftbild eines Teils der Nekropole von Tuvixeddu (CA) (von http://www.archeocaor.beniculturali.it/getImage.php?id=304)

 

Nur für Sulky ist das Vorhandensein von Gräbern innerhalb der Stadtmauer eindeutig belegt; in einem solchen Fall kann davon ausgegangen werden, dass sich die Nekropole ursprünglich in einem Randgebiet befand, und, dass das Zentrum sich dann weiter ausgedehnt hat.
Eine Eigenschaft der phönizischen und punischen Nekropolen ist das (zumindest scheinbare) Fehlen einer besonderen Ausrichtung der Gräber; die Gräber wurden mehrmals genutzt und scheinbar wurden sie vollkommen planlos angelegt (Abb. 5).

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Abb. 5 - Teil der Nekropole von Sulky mit Hervorhebung der unregelmäßigen Ausrichtung der Gräber (http://www.sardegnadigitallibrary.it/index.php?xsl=615&s=17&v=9&c=4461&id=29043).

Die wichtigsten phönizischen Grabtypen sind - auch wenn sie zahlreiche Varianten aufweisen - von denen beeinflusst, die ab der Bronzezeit (3.000 - 1.200 v. Chr.) im syrisch-palästinensischen Raum zu finden sind. Die Gräber sind überwiegend Einzelgräber, sowohl im Osten, wie auch im Westen haben jedoch einige große Gräber im Laufe der Zeit zahlreiche Körper aufgenommen: Wahrscheinlich waren dies „Familiengräber“.
Im Allgemeinen können daher zumindest 5 Grabtypen unterschieden werden:
a - natürliche Vertiefung im Fels, die gegebenenfalls vergrößert werden konnte, in der die Beisetzung stattfand (mit oder ohne Bestattung in Amphore, Kindergrab, so genanntes Enchytrismòs-Grab); bei Einäscherung konnten die verbrannten Knochen direkt auf dem nackten Fels, in einem Grab oder in einer eigens angefertigten Steinschale oder aber in einer Urne beigesetzt werden (Abb. 6);

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Abb. 6 - Enchytrismòs-Gräber (aus: Bartoloni 2009, S. 154, Abb. 94).


b - Grab mit vertikalem, engem und tiefen Schacht, unten oft verbreitert zu einer Kammer für die Aufnahme des Verstorbenen, vom Schacht aus seitlich in den Fels gegraben und auch für Urnenbestattungen genutzt (Abb. 7);

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Abb. 7 - Cagliari, Nekropole von Tuvixeddu, Grundriss und Schnitt eines unterirdischen Schachtgrabs (aus: BARTOLONI 2009, S. 107, Abb. 71).


c - rechteckige Grube, normalerweise für die Aufnahme nur eines Leichnams. Dieser Typ wurde sowohl für Erdbestattungen, als auch für Urnenbeisetzungen verwendet (Abb. 8). Für die Bestattungen wurden verschiedene Techniken angewendet: Der Verstorbene wurde einfach in die Grube gelegt, die dann mit Steinplatten verschlossen wurde; die Platten konnten auch verwendet werden, um das Innere der Grube auszukleiden, in der alternativ ein Sarkophag aufgestellt werden konnte;

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Abb. 8 - Einzelnes Grubengrab einer punischen Nekropole in Sanluri (von http://web.tiscali.it/sanluri.s2k/storica/sanluri_punica.htm).

d - in den Fels gegrabenes Grab mit unregelmäßig rechteckiger Form, in einigen Fällen mit einer Trennwand oder getragen von einem „freien“ Pilaster, mit unterirdischem „Dròmos-Eingang“, das heißt, mit einem Korridor mit Stufen, die zu einem Absatz und zum Eingang der Grabkammer führen (diese beiden Fälle sind in Sant’Antioco am weitesten verbreitet) (Abb. 9);

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Abb. 9 - Dròmos-Gräber in der Nekropole von Sulky, gesehen von oben (Detail von http://www.sardegnadigitallibrary.it/index.php?xsl=615&s=17&v=9&c=4461&id=29211).


e - gebautes Grab. Dies ist der einzige Grabtyp, der in den Bereich der Architektur fällt. Dabei handelt es sich um Gräber, die aus großen Steinblöcken mit Form eines Parallelepipeds mit variabler Tiefe unter der Erde gebaut werden: Der Zugang erfolgt über eine gegrabene Tür auf der kurzen Seite. Der Zugang erfolgt häufiger durch einen vertikalen Schacht, als durch einen Dròmos. Beispiel für diesen Grabtyp finden sich auch in Sardinien, in Othoca (Santa Giusta, OR) (Abb. 10).

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Abb. 10 - Unterirdisches Grab der Nekropole von Othoca, Santa Giusta (OR) (aus: BARTOLONI 2009, S. 156, Abb. 96).

 

Bibliografia

  • M.G. AMADASI GUZZO, C. BONNET, S.M. CECCHINI, P. XELLA (a cura di), Dizionario della civiltà fenicia, Roma 1992.
  • E. ACQUARO, A. MEZZOLANI, Tharros, Roma 1996.
  • P. BARTOLONI, I Fenici e i Cartaginesi in Sardegna, Sassari 2009.
  • P. BERNARDINI. Aspetti dell’artigianato funerario punico di Sulky. Nuove evidenze, in M. MILANESE, P. RUGGERI, C. VISMARA (a cura di), Atti del XVIII Convegno Africa Romana (Olbia, 11-14 dicembre 2008), Roma 2010, pp. 1257-1270.
  • M. GRAS, P. ROUILLARD, J. TEIXIDOR, L’Universe phénicienne, Paris 1995.
  • S. MOSCATI, Il mondo punico, Torino 1980.

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