Detaillierte Datenblätter

Die Nekropole der Kinder: der Tophet

Der Tophet von Sulky ist ein sehr alter heiliger Bezirk, vielleicht der älteste Sardiniens, und ein besonderer Ort, den die Legende mit Kinderopfern in Zusammenhang bringt.
Der heilige Bezirk befindet sich an einer felsigen Stelle, die unabhängig vom Stadtzentrum in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. von Karthago befestigt wurde, nach dem Beschluss des Jahres 375 v. Chr., einige Städte Sardiniens zu befestigen, darunter auch Sulky. Das Zentrum des Heiligtums wurde durch einen mächtigen vierseitigen Festungsbau aus großen Blöcken eingeschlossen, der noch heute sichtbar ist (Abb. 1-2).

1
Abb. 1 - Der Tophet von Sulky, Rekonstruktion der Beisetzung der Urnen (Foto von Unicity S.p.A.).
2
Abb. 2 - Detail der großen behauenen Trachitblöcke, die das Herz des Tophets einschließen (Foto von Unicity S.p.A.).

Unweit der Festung sind in der Felsbank Hohlräume vorhanden, davon denen die Legende berichtet, dass es sich um Opferstätten handelt (Abb. 3): Es handelt sich um einen Bereich, in dem Spuren von Verbranntem vorhanden sind, in Wirklichkeit weiß man jedoch nicht viel und vor allem ist nicht sicher, ob der Bereich in der phönizischen und punischen Zeit genutzt wurde. Es wurde jedoch die Hypothese vorgebracht, dass der Bezirk, in dem sich der Tophet befand, bereits zuvor für die pränuraghische und nuraghische Bevölkerung heilig war.

3
Abb. 3 - Grundriss des Tophets von Sulky: Gut sichtbar ist die Befestigung, die das Herz des Heiligtums einschloss (aus: BARTOLONI 2007, S. 51, Abb. 32).


Aus dem Bezirk des Heiligtum stammt eine Reihe von Funden, die die Frühzeit der phönizischen Kolonisierung belegen: Darunter befinden sich einige Behältnisse, die zuerst im Haushalt und dann als Urnen verwendet wurden: Töpfe der nuraghischen Tradition sowie einige monolicne Lampen: die letzteren stammen aus dem Mutterland Phönizien und wurde direkt von den ersten Siedlern mitgebracht, die sich in Sant’Antioco niederließen (Abb. 4).

4
Abb. 4 - Geschirr nuraghischer Tradition und monolicne Lampen aus dem Tophet von Sulky, datierbar auf das 8. Jahrhundert v. Chr. (Foto von C. Olianas).

 

Die Formen der Keramik der nuraghischen Tradition, die im Inneren des Tophets verwendet wurden, legen eine gemischte Bevölkerung nahe, in der die Phönizier friedlich mit der lokalen Bevölkerung zusammenlebte.
In den Urnen wurde die Asche der Kinder beigesetzt, die der Tradition zufolge dem Gott Moloch geopfert wurden. In Wirklichkeit bedeutet der Begriff MLK, bei dem es sich wahrscheinlich um eine Fehlinterpretation der Bibel handelt, in der er auch als Name einer Gottheit auftaucht, „Opfergabe“, und der MLK ist somit nichts anderes als ein Ritual im Zusammenhang mit dem Tod von Kindern (Abb. 5). Einige Zweifel wurden in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beseitigt, als beschlossen wurde, die Knochenreste des Tophets von Karthago und weiterer Heiligtümer zu analysieren.

5
Abb. 5 - Urnen aus dem Tophet von Sulky zum Zeitpunkt des Funds (aus: Bartoloni 2007, S. 55, Abb. 34).

 

Die Untersuchungen haben ergeben, dass es sich um die Knochen von Föten oder Kindern handelt, die unmittelbar nach der Geburt oder in den ersten beiden Lebensjahren verstorben sind. Nur selten sind Knochen älterer Kinder zu finden. Die Überreste der Kinder wurden oft begleitet von denen kleiner Tiere wie Vögel und/oder Lämmer.
All dies belegt, dass der Tophet lediglich eine Bestattungsstätte war. Die hohe Kindersterblichkeit in dieser Epoche hätte außerdem eine systematische Eliminierung von Kindern absurd gemacht.
Andererseits ist es wahrscheinlich, dass die Phönizier und die Karthager, wie viele antike Völker, bei besonderen und schweren Ereignissen Menschenopfer praktizierten; sie waren jedoch ausgesprochen selten und es gilt als gewiss, dass es sich um Kinderopfer handelte.
Neben den Urnen wurden Stelen aufgestellt, Skulpturen, mit den die Eltern eines im Tophet bestatteten Kinds den Gottheiten für die Freude einer neuen Geburt dankten.
Die Stelen tauchen in Karthago gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. auf und umfassen eine große Vielfalt von Stilen und Ikonographien. Die ersten Zeugnisse dieser Materialklasse sind einfache roh, kaum behauene Steine. Sie wurden später dann von anderen Zentren im Mittelmeerraum übernommen und in Sardinien und Sizilien tauchen sie erst im 6. Jahrhundert v. Chr. auf. (Abb. 6-7).

6-76-7
Abb. 6-7 - Stelen aus dem Tophet von Sulky. Kommunales Archäologisches Museum „F. Barreca“ (Foto von C. Olianas).

 

Was sind die Tophets? Aus dem Vorausgehenden geht hervor, dass es sich nicht um grausame Opferstätten handelt, sondern um besondere Nekropolen und gleichzeitig Heiligtümer unter freiem Himmel, damit die Gottheiten ständig anwesend sein konnten: Sie waren Baal Hammon und Tanit geweiht und wurden von den eigentlichen Nekropole getrennt gehalten, da diese so kleinen Kindern, die in der Mehrzahl der Fälle nicht das Licht der Welt erblickt haben, einen anderen Status als die Erwachsenen hatten. Sie gehörten noch nicht der Gemeinschaft an, da sie verstorben waren, bevor sie durch einen Initiierungsritus wie der Taufe bei den Christen oder der Beschneidung bei den Moslems und Juden in die Gemeinschaft aufgenommen werden konnte, .
Nach der Auswahl der Stelle des Heiligtums wurde es nicht mehr verlegt, wie dies hingegen bei den Nekropolen für Erwachsene der Fall war. Auch in der römischen Zeit wurden die Tophets noch respektiert und genutzt, wie dies in Karthago der Fall war, wobei Saturn die traditionelle Gottheit Baal Hammon nach und nach überlagerte, was nahelegt, das dieser Ort eine besondere Bedeutung hatte.

Bibliografia

  • P. BARTOLONI, Il museo archeologico comunale “F. Barreca” di Sant’Antioco, Sassari 2007.
  • M. GRAS, P. ROUILLARD, J. TEIXIDOR, L’Universe phénicienne, Paris 1995.
  • C. TRONCHETTI, S. Antioco, Sassari 1989.

Menu