Detaillierte Datenblätter

Bestattungsideologie der phönizisch-punischen Welt

Die antiken Phönizier glaubten an ein Leben nach dem Tod und somit an ein Jenseits: Trotzdem mumifizierten sie ihre Verstorbenen nicht, wie dies die Ägypter machten, sondern sich nutzten die Einäscherung oder die Bestattung in unterirdischen Grabkammern (Abb. 1).

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Abb. 1 - Teil der Nekropole von Is Pirixeddus, gesehen von oben (von http://www.sardegnadigitallibrary.it/mmt/480/29043.jpg)

Das Jenseits stellten sich die Phönizier als eine Art Stadt der Toten vor, zu der man durch eine lange und schwierige Reise gelangte, zum Teil begleitet von einigen Gottheiten, denen ein Obolus gezahlt werden musste, das heißt, eine Vergütung, und aus diesem Grund wurde der verstorbene mit einer Münze bestattet, die normalerweise in den Mund gelegt wurde.
Die Reise in die Stadt der Toten begann jedoch nicht direkt nach dem Tod: Der Verstorbene blieb eine gewisse Zeit im Grab, quasi als Übergangszeit zwischen dieser Welt und dem Jenseits, bevor sich auf dem Weg zu seiner letzten Ruhestätte machte. Vielleicht aus diesem Grund wurde alles in das Grab gelegt, was der Verstorbene während seines Lebens benutzt hatte: häusliche Gegenstände des täglichen Gebrauchs, Gegenstände für die Körperpflege, Spielzeug (wenn die Verstorbenen Kinder waren) sowie in einigen Fällen Waffen, Lebensmittel und Getränke (Abb. 2).

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Abb. 2 - Grabbeigaben aus dem Grab 9 AR von Sulky, 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. Kommunales Archäologisches Museum “F. Barreca”. (Foto von M. Murgia).

Für die Reise hingegen wurde Gegenstände mit magisch-religiösem Wert neben den Verstorbenen gelegt: Vor allem Amulette, die die Aufgabe hatten, den verstorbenen vor bösen Geistern zu schützen (Abb. 3); Masken mit apotropäischem Charakter, das heißt, mit der Kraft, böse Geister zu verjagen (Abb. 4); ein dünnes Blech aus Gold oder Silber mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts, sehr wahrscheinlich inspiriert von ägyptischen Texten, eingefügt in einer Amulettträger aus Gold oder Silber mit der Form einer ägyptischen Gottheit oder eins kleinen Pilasters (Abb. 5); Skarabäus, zum Teil als Amulette und zum Teil als Siegel, die im Leben verwendet und mit ins Grab genommen wurden (Abb. 6).

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Abb. 3 - Amulett mit unterschiedlicher Form, aus Sulky. Kommunales Archäologisches Museum „F. Barreca“ (Foto von M. Murgia).
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Abb. 4 - Silen-Totenmaske aus Sulky. Kommunales Archäologisches Museum „F. Barreca“ (von http://it.wikipedia.org/wiki/Sulki#mediaviewer/File:Sileno_%28Sulcis%29.jpg).
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Abb. 5 - Punischer Amulettträger aus Gold, gefunden in Sulky . Kommunales Archäologisches Museum „F. Barreca“ (Foto von Unicity S.p.A.) und Zeichnungen (von http://www.beniculturali.it/mibac/export/MiBAC/sito-MiBAC/Menu-Utility/Immagine/index.html_646054545.html).
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Abb. 6 - Skarabäus aus Karneol, aus Sulky. Archäologisches Gemeindemuseum “F. Barreca” (Foto von Unicity S.p.A.)

Der Verstorbene lag also - beerdigt oder eingeäschert - zwischen diesen Gegenständen in der unterirdischen Grabkammer, die oft mit Juwelen und Schmuckstücken dekoriert waren (Abb. 7) und der Tradition gemäß wurden duftende Harze und Salben auf den Verstorbenen aufgetragen, um den Verwesungsgestank zu überdecken und vielleicht auch, um die Verwesung zu verzögern.

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Abb. 7 - Ring aus Gold mit Darstellung des Horus/Falken mit den Insignien der ägyptischen Macht. Archäologisches Gemeindemuseum “F. Barreca” (Foto von Unicity S.p.A.)

 

Die Phönizier nannten ihre Verstorbenen Rephaim, was als eine Art von Geist ausgelegt werden kann. Es handelte sich normalerweise um wichtige Persönlichkeiten wie Herrscher oder Krieger, die nach ihrem Tot den Rang von Gottheiten erhielten und die die Lebenden beschützt konnten.
Auch die ägyptisierende Figur am Pilaster der unterirdischen Grabkammer Nr. 7 von Sulky könnte als eine Schutzgottheit oder als ein zum Rang einer Gottheit beförderter Ahne interpretiert werden, der wahrscheinlich die Aufgabe hatte, den Verstorbenen bei seiner Reise in Jenseits zu begleiten (Abb. 9).

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Abb. 9 - Ägyptisierende Figur, ausgeführt am Pilaster im Inneren der Grabkammer Nr. 7 von Sulky (aus: BERNARDINI 2010, Tafel I, 2).

Bibliografia

  • M.G. AMADASI GUZZO, C. BONNET, S.M. CECCHINI, P. XELLA (a cura di), Dizionario della civiltà fenicia, Roma 1992
  • F. BARRECA, La Sardegna Fenicia e punica, Sassari 1984.
  • P. BERNARDINI. Aspetti dell’artigianato funerario punico di Sulky. Nuove evidenze, in M. MILANESE, P. RUGGERI, C. VISMARA (a cura di), Atti del XVIII Convegno Africa Romana (Olbia, 11-14 dicembre 2008), Roma 2010, pp. 1257-1270.
  • G. GARBATI, Antenati e “defunti illustri” in Sardegna: qualche considerazione sulle ideologie funerarie di età punica in Bollettino di Archeologia Online, Volume Speciale, 2010, p. 37-47. http:// www.bollettinodiarcheologiaonline.beniculturali.it/documenti/generale/5_GARBATI.pdf.
  • M. GRAS, P. ROUILLARD, J. TEIXIDOR, L’Universe phénicienne, Paris 1995.
  • P. XELLA 2003, Il re, in J.Á. ZAMORA (a cura di), El Hombre fenicio. Estudios y materiales, Roma 2003, pp. 23–32.

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