Fordongianus

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  • Phönizisch-punische Zeit (8. Jahrhundert v. Chr. - 238 v. Chr.) - Römerzeit (238 v. Chr. - 476 n. Chr.)

Römische Thermen und Trajansforum

Das Zentrum Forum Traiani (Abb. 1-2) befindet sich dank des Tirsotals in idealer geographischer Lage auf dem Weg ins Innere der Insel. Es bildet daher den Vorposten der Römer auf der Insel zum rauhen und gebirgigen Inneren der Insel.

Abb. 1 - Lage von  Fordongianus im Tirsotal (von Google Earth, Überarbeitung von C. Tronchetti).

Zweifellos war das Vorhandensein von natürlichem Thermalwasser einer der Gründe, die zur ersten Ansiedlung führten, die dann von Kaiser Trajan zum Forum erhoben wurde, wie der Name deutlich sagt.

Abb. 2 - Die wichtigsten archäologischen Bezirke (von Google Earth, Überarbeitung von C. Tronchetti).

Bereits zuvor hatte das kleine Zentrum eine große Bedeutung: Es ist kein Zufall, dass hier eine Inschrift gefunden wurde, in der die Civitates Barbariae (Abb. 3), das heißt, die Stämme, die hier im Inneren der Insel lebten und nicht der Herrschaft der Römer unterworfen waren, direkt nach dem Jahr 19 n. Chr. zur Kenntnis nahmen, dass sie dem Kaiser Tiberius unterstanden. Dies ist ein wichtiges Zeugnis für die Rekonstruktion des Bilds eines bereits befriedeten Sardiniens, in dem die Gemeinschaften im Landesinneren, die ihre eigene politische und soziale Organisation behielten, mit den größeren, direkt von Rom beherrschten Gebieten zusammenlebten. 

Abb. 3 - Inschrift mitWidmung der Civitates Barbariae an den Kaiser Tiberius (aus: Zucca 1986)

Die Bedeutung der Fundstätte wird durch Inschriften mit Widmungen belegt, die die gelegentliche Anwesenheit des Gouverneurs der Insel sowie anderer Magistrate dokumentieren. 

Neuere Grabungsarbeiten haben ein Amphitheater (Abb. 4 ) ans Licht gebracht, ein Bauwerk, das normalerweise nur in wichtigen Zentren zu finden ist. In Sardinien sind bisher nur in Cagliari, Nora, Sant’Antioco und Tharros Amphitheater bekannt.

Abb. 4 - Der Bereich des Amphitheaters, in dem vor Kurzem Grabungsarbeiten stattfanden (Foto von Unicity S.p.A.).

In dem den Nymphen geweihten Thermalbereich wurden zahlreiche Inschriften gefunden, die mit dem Wasser in Zusammenhang stehen; weitere Inschriften in geringerer Zahl weisen Widmungen an die gesundheitsfördernde Gottheit Äskulap auf. Die gesundheitsfördernde Bedeutung des Wasserkults wurde durch die Aufnahme einer spezifischen Gottheit wie Äskulap in den Kult anerkannt, die ihren Ausdruck in zwei kleinen Statue des Gottes Bes/Äskulap finden, die aus dem Thermalbereich stammen (Abb. 5).

Abb. 5 - Statue von  Bes/Äskulap aus dem Thermalbereich (Foto von Unicity S.p.A.).

Fordongianus ist außerdem als Ort des Martyriums von San Lussorio bekannt, an der Stelle, an der zu Anfang des 12. Jahrhunderts eine kleine Kirche von den Viktorianern aus Marseille errichtet wurde, wahrscheinlich auf den Überresten eines paläochristlichen Kultbaus, dessen Fundamente erhalten sind. In der Krypta unter dem Kultbau sind Gräber und Mosaikfragmente erhalten (Abb. 6), die eine Datierung auf das 4. Jahrhundert n. Chr. gestatten, einer Zeit also, die zur Epoche des Martyriums des Heiligen in der Zeit Diokletians passt.

Abb. 6 - Mosaik von San Lussorio (aus: Zucca 1986).

Das Thermalgebäude befindet sich in der unmittelbaren Nähe des Flusses Tirso. In Wirklichkeit handelt es sich um zwei Gebäude: Thermen I und Thermen II, die zeitlich aufeinanderfolgen und zusammengefasst wurden. Es wurden viele Bau- und Nutzungsphasen erkannt, die jedoch nicht vollkommen klar sind, da die verschiedenen Phasen bei den Grabungsarbeiten zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts nicht dokumentiert wurden.

Thermen I (Abb. 7). 

Abb. 7 - Die Thermen I (aus: Bacco-Serra 1998).

Die erste Phase des Thermalgebäudes wurde auf der Grundlage der angewendeten Bautechnik sowie der Typologie der Räume auf die Zeit Trajans datiert, zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr., es fehlen jedoch sichere stratografische Daten. Die Thermen nutzen heißes Wasser, das mit einer Temperatur von ca. 54 °C entsprang. Sie befinden sich im nördlichen Teil des Bereiches. Den zentralen Kern bildete das große Natatium A (Abb. 8) (12,20 x 6,10 m, Tiefe 1,60 m), ein von 4 Stufen umgebenes Schwimmbecken, in dem das heiße Mineralwasser mit kaltem Wasser gemischt wurde. Das Becken besteht aus Blöcke aus lokalem grauen Trachyt mit der Technik Opus Quadratum, der Bautechnik, die einen großen Teil der Thermen I bestimmt.

Abb. 8 - Das Natatium (Foto von Unicity S.p.A.).

Das Schwimmbecken verfügte an den beiden langen Seiten im Norden und im Süden über zwei Portiken mit 5 Öffnungen zwischen quadratischen Pilastern zum Becken, überdacht mit einem Gewölbe aus Opus Caementicium mit Stützwerk aus  Opus Quadratum. Die Beleuchtung erfolgte durch Oberlichter im Gewölbe, von denen drei erhalten sind. Nur der südliche Portikus ist erhalten geblieben, mit einer Länge von 16,60 Metern, einer Breite von 1,80 Metern und einer Höhe von 3,90 Metern, es ist jedoch sicher, dass auch der andere vorhanden war. Auf der Nordseite des Schwimmbeckens sind die Basen der Pilaster zu sehen und außerdem war das Vorhandensein eine statische Voraussetzung für die Realisierung der Überdachung des großen Natatiums, die wahrscheinlich aus großen Kreuzgewölben bestand.

Auf der Südseite des Schwimmbeckens befindet sich der rechteckige Raum B, der sich im Süden ein wenig über die mächtige Mauer hinaus erstreckt, die den Portikus abschließt. Er war mit dem Schwimmbecken durch eine Tür verbunden, von der die Pfosten und die Schwelle erhalten sind; noch zu sehen sind die Kanäle, durch die das heiße Wasser nach der Mischung mit kaltem Wasser in das Schwimmbecken durch eine Protome floss (Abb. 9), datierbar auf eine sehr späte Phase der Thermalanlage. Am nördlichen Ende des Raums B befindet sich ein kleines halbrundes Becken, das wahrscheinlich für Bäder in heißem Wasser diente.

Abb. 9 - Altes Bild der Einmündung des Wassers in das Natatium  - durch die Protome (aus: Taramelli 1903).

Unmittelbar westlich von Raum B befinden sich zwei Becken/Tanks: C und D. In den ersten wurde das heiße Thermalwasser eingeleitet und von dort aus gelangte es in D, wo es mit kaltem Wasser gemischt und dann in das Schwimmbecken eingeleitet wurde. Im Laufe des Nutzungszeitraums der Thermen wurden diese Becken zahlreichen Umbaumaßnahmen unterzogen.

Auf der gegenüber liegenden kurzen Seite des Schwimmbeckens, der östlichen, befindet sich ein weiterer rechteckiger Raum mit der Bezeichnung B1. Dieser Raum ist von besonderer Bedeutung, da er während der Grabungsarbeiten als Nymphäum identifiziert wurde (Abb. 10). Die Wände sind mit Nischen gegliedert und in einer der Nischen wurde in situ eine Inschrift mit Widmung eines hohen römischen Beamten an die Nymphen gefunden. Die anderen Nischen wurden leer gefunden, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sie andere Widmungen oder Votiv-Statuen enthielten.

Abb. 10 - Das Nymphäum an der Seite des Natatiums (Foto von Unicity S.p.A.).

Aus einer Reihe von Inschriften mit Widmung war bereits bekannt, dass in Fordongianus der Nymphenkult praktiziert wurde, durch den Fund des Nymphäums ist nun jedoch das Zentrum dieses Kultes bekannt. In Fordongianus ist außerdem der Kult des Äskulaps bekannt, der gesundheitsfördernde Gottheit, die natürlich mit der wohltuenden Wirkung des Thermalwassers in Zusammenhang steht. Es sind nicht nur Inschriften vorhanden, sondern auch zwei kleine Statuen, die den Gott Bes darstellen, eine gütige und gesundheitsfördernde Figur, die oft mit Äskulap in Zusammenhang gebracht wird und die in Sardinien seit der punischen Zeit eine lange Tradition hat.

Zu einem späteren Zeitpunkt, angesichts der angewendeten Bautechnik wahrscheinlich im 3. Jahrhundert n. Chr., wurde das Thermalgebäude nach Süden hin durch den Bau neuer Räume beträchtlich erweitert. Diese Phase wird als Thermen II definiert.

 

Thermen II (Abb. 11)

Der neue Bau folgt dem natürlichen Höhenverlauf des Geländes, das zum Ufer des Flusses Tirso hin ansteigt, und daher liegt es oberhalb der Thermen I; er steht in engem Zusammenhang mit einer sehr wichtigen Bauphase, in der der zentrale öffentliche Kern von Forum Traiani entstand.

Abb. 11 - Der neue Komplex der Thermen II wird in Grün hervorgehoben (aus: Bacco-Serra 1998, Überarbeitung von C. Tronchetti).

Im östlichen Teil dieses neuen Baukörpers befindet sich der viereckige Raum I, der aufgrund des Vorhandenseins von zwei Becken an der Nordseite und der Südseite des Raums als Frigidarium zuerkennen ist: Das erste Becken ist halbrund, das zweite rechteckig. Am südöstlichen Ende von Raum I befindet sich der kleine Raum H, dessen Funktion nicht festgestellt werden konnte. Das Frigidarium I wies an der Südseite eine breite, bereits in der Antike verschlossene Schwelle auf (Abb. 12), die als Zugang zum großen Raum R diente, von dem nur die Fundamente erhalten sind, strukturell verbunden mit dem Belag des dahinter befindlichen Forums, das das Atrium des Thermalgebäudes bildete.

Abb. 12 - Der in spätantiker Zeit verschlossene Eingang des Frigidariums (Foto von Unicity S.p.A.).

Weiter westlich befindet sich der Raum L, der sowohl aufgrund des Vorhandenseins des Zwischenraums in der Mauer, durch den die heiße Luft strömte, als auch aufgrund seiner Lage zwischen dem Frigidarium und den beiden angrenzenden und miteinander verbundenen Kaldarien als Tepidarium zu erkennen ist: N und O. Das erstere war größer und wies ein rechteckiges Becken auf; das andere war kleiner und ruht auf der Mauer der Thermen I aus Opus Quadratum. Unmittelbar nördlich von Raum L, angrenzend an Raum O, befindet sich der kleine Raum M, in dem eine kleine Treppe sichtbar ist, die die Verbindung zwischen den Thermen II und den Thermen I darstellt. Leider können nicht alle Abänderungen dieses Raums vor der Realisierung der Treppe erfasst werden, auf die die Überreste eines Praefurniums hinweisen. Das Problem der Verbindung zwischen den Thermen I und den Thermen II während der größten Entwicklung des komplexen Thermalgebäudes in der Kaiserzeit bleibt daher offen.

Noch weiter im Westen werden die Thermen II durch die beiden kleinen Räume P und Q abgeschlossen, die die Öfen für die Beheizung der Räume waren.

Unmittelbar südlich der Thermen erstreckt sich ein gepflasterter großer Platz (Abb. 13-14), unter dem die Wasserleitungen verlaufen; im südlichen Teil weist er eine schlecht erhaltene Treppe auf, die zum modernen Ort führt, an der jedoch im oberen Teil Überresten von Zisternen und Wassertanks erhalten sind. Es wurde angenommen, dass dieser Platz das Forum der Stadt war und dass sich im oberen Teil ein Tempelbau befand, dafür gibt es jedoch keine Belege.

Abb. 13 - Der Komplex der Thermen, des Platzes und der angrenzenden Gebäude  (Aus: Bacco-Serra 1998).

 

Abb. 14 - Die Treppe am Platz (Foto von Unicity S.p.A.).

Der östliche Teil des Bereiches, der mit einem L-Förmigen Gebäude bebaut war, mit zwei Korridoren an der großen freien Fläche des Atriums der Thermen II. An diesen Korridoren liegen zahlreiche kleine Räume, die noch vollständig erforscht werden müssen. Die wenigen Grabungsresultate belegen, dass diese Räume einen hohen Standard aufwiesen und zumindest in einem Fall Wandfresken mit Dekormotiven aufwiesen, die auf das 3. Jahrhundert n. Chr. datiert werden können. (Abb. 15).

 

Abb. 15 - Fresken an einer Wand des Gebäudes mit L-förmigem Grundriss (Foto von Unicity S.p.A.).

Die Funktion dieses Gebäudes, dessen vollständige Erstreckung und Gliederung noch unbekannt sind, ist unklar: Es könnte sich um ein Macellum handeln, den Marktplatz, oder um ein Hospitium, eine Art Hotel für die Besucher der Thermen.

Bibliografia

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  • ZUCCA R., Civitas Forotraianensis, in A. Mastino (ed.), Storia della Sardegna antica, Sassari 2005, pp. 295-301.
  • ZUCCA R., Forum Trajani e la Sardinia romana, s.l. 2008.

Credits

Wissenschaftliche koordination
dr. Carlo Tronchetti

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