Detaillierte Datenblätter

Das römische Tharros

Die römische Stadt Tharros präsentiert sich unseren Augen zurzeit in ihrem Aussehen der römischen Kaiserzeit. Wie alle mehrschichtigen Fundstätten, die in den vergangenen Jahrzehnten ohne stratographisches Kriterium ausgegraben wurden, ist es recht komplex, jetzt die verschiedenen Phasen der Bautätigkeit zu rekonstruieren, da nur einige besser erhaltene Gebäude datiert werden können.

Wir sind jedoch in der Lage, mit einer gewissen Sicherheit die allgemeine urbanistische Raumordnung zu rekonstruieren, die im Wesentlichen über mehrere Jahrhunderte unverändert geblieben ist.

Die ersten Zeugnisse der Stadt aus der Epoche der Republik (2. Jahrhundert v. Chr.) sind die nördlichen Befestigungsmauern unweit der vorausgehenden punischen (Abb. 1-3).

Die Mauern umgaben den Gipfel des Hügels Su Muru Mannu und bildeten mit einer zweiten Mauer einen Graben, der ca. ein Jahrhundert nach der Errichtung teilweise zugeschüttet wurde und in dem zu Beginn der Kaiserzeit eine kleine Nekropole angelegt wurde (Abb. 4).

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Abb. 1 - Nördliche Befestigung: A) Graben; B) Böschungsmauer; C) Ringmauer (Foto von Unicity S.p.A.. Überarbeitung von C. Tronchetti).
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Abb. 2 - Ringmauer der Befestigung, mit einer in späterer Zeit verschlossenen Öffnung (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 3 - Die Böschungsmauer der Befestigung (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 4 - Die römische Nekropole von Beginn der Kaiserzeit im zweckentfremdeten Graben (Foto von Unicity S.p.A.)

Wir befinden uns in einem Stadtrandgebiet, was durch die Überreste eines kleinen runden Amphitheaters unweit der Ostmauern bestätigt wird, das gegen Mitte der Kaiserzeit erbaut wurde (Abb. 5-6).

 

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Abb. 5 - Der Gipfel des Hügels Su Muru Mannu, in der Mitte die Überreste des Amphitheaters (Archiv der Soprintendenza Archeologica)
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Abb. 6 - Die Stelle, an der sich das Amphitheater befand (Foto von Unicity S.p.A.)

Der eigentliche Ort befand sich an den Südhängen des Su Muru Mannu sowie den Osthängen des Hügels von San Giovanni, dominiert vom gleichnamigen Turm, und er reichte bis ans Meer am Golf von Oristano (Abb. 7).

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Abb. 7 - Luftbild des Bereichs von Tharros, vom Hügel Su Muru Mannu (rechts) bis zum Ende des untersuchten Bezirks (links) (von Google Earth)

Zwei parallele große Straßen, gepflastert mit Basalt sowie mit zentraler Kanalisation, führen von Norden nach Süden über den Südhang des Hügels Su Muru Mannu und definieren drei Insulae, die noch ausgegraben werden müssen. Weiter südlich wird der südliche Teil des Orts von breiten gepflasterten Straßen in große Stadtviertel unterteilt; von diesen Straßen gehen kleine und schmale Gassen ab, ebenfalls mit Belag und Kanalisation, die zu den Wohnhäusern führen (Abb. 8-12).

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Abb. 8 - Das zentrale Stadtviertel (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 9 - Das Stadtviertel an den Hängen des Hügels San Giovanni (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 10 - Große Straße in Nord-Süd-Richtung am Hügel Su Muru Mannu (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 11 - Große Straße, die das zentrale Stadtviertel im Norden definiert (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 12 - Kleine Straße im Wohnviertel (Foto von Unicity S.p.A.)

An der nordwestlichen Ecke des zentralen Stadtviertels kreuzen sich 4 Straßen und bilden einen dreieckigen Platz, in dessen Mitte sich ein kleines Bauwerk befand´, das nicht erhalten ist; an diesem Platz lieg das Castellum Aquae mit dem öffentlichen Brunnen an der Front (Abb. 13-14)

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Abb. 13 - Der Platz an der Kreuzung der 4 Straßen (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 14 - Der zentrale Platz und das Castellum Aquae (Foto von Unicity S.p.A.)

Der öffentliche Bereich der Stadt liegt im Stadtgebiet auf den Golf von Oristano mit Blick von einer Straße parallel zur Küste gekreuzt (Abb. 15).

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Abb. 15 - Der öffentliche Bezirk der römischen Stadt (Foto von Unicity S.p.A.)

Auf der Westseite befindet sich ein Sakralbezirk. Hier befand sich der punische Halbsäulentempel, der in der Römerzeit von einem neuen Belag überdeckt wurde, auf dem ein neues Sacellum errichtet wurde. Neben dem großen in den Fels geschnittenen Raum befindet sich der so genannte „Tempel im semitischen Stil“, bestehend aus zwei kleinen Gebäuden und einem Korridor mit Mosaik, datierbar auf den Zeitraum zwischen dem 2. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. (Abb. 16)

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Abb. 16 - Der Tempel mit Grundriss vom semitischen Typ (Foto von Unicity S.p.A.)

Auf der Ostseite der Straße befinden sich zwei Thermalgebäude, die Thermen Nr. 1 und die Thermen des alten Konvents; zwischen den beiden Thermen befand sich ein Gebäude, dessen Funktion ungewiss ist, vielleicht ein Kultgebäude, mit einer Kolonnade, von der zwei Säulen rekonstruiert wurden (Abb. 17).

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Abb. 17 - Das Gebäude mit Kolonnade (Foto von Unicity S.p.A.).

Der restliche städtische Raum bestand überwiegend aus Wohnhäusern, errichtet auf Terrassierungen. Kleine Häuser mit einem oder zwei Räumen, oft mit Empore, ohne präzise Definition der Bautechnik und des Grundrisses, ausgerichtet am Hang und verbunden durch kleine Gassen (Abb. 18-19).

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Abb. 18 - Das Wohnviertel auf dem Hügel von San Giovanni (Foto von Unicity S.p.A.)
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Abb. 19 - Die Schwelle eines Wohnhauses, die sich zu einem Ambitus öffnet (Foto von Unicity S.p.A.)

 

In römischer Zeit war Tharros von großer Bedeutung. Aufgrund der geographischen Lage war die Stadt der Knotenpunkt für den Handel von der iberischen Halbinsel nach Ostia, den Hafen Roms, und somit ein obligatorischen Durchgangspunkt für viele Waren.

Dies belegen Wracks, die an der Westküste auf dem Meeresgrund gefunden wurden, von denen eins Hunderte Bleibarren aus spanischen Bergwerken nach Roms transportiert.

Tharros war jedoch nicht nur eine wichtige Import- und Handelsstadt, in die sowohl aus Roma, als auch aus dem Hinterland Waren gelangten. Die Funktion der Stadt als Produktionsstätte ist zum Beispiel durch eine Keramikwerkstatt der Memmii belegt, die Lampen produzierte, die auf der gesamten Insel zu finden sind.

Bei Ankunft der Vandalen im 5. Jahrhundert n. Chr. zerfiel die urbanistische Textur; es bildeten sich Zentren, die gleichzeitig für Wohn- und Handwerkszwecke dienten und diese Tendenz setzte sich auch in der byzantinischen Zeit fort.

Bibliografia

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