Barumini

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Nuraghendorf von Su Nuraxi

In der Nähe von Barumini, zu Füßen des Giara-Parks, befindet sich die Fundstätte Su Nuraxi, eine der wichtigsten und beeindruckendsten Nuraghen der so genannten „Nuraghenzivilisation“.

Die ältesten Photographien von Su Nuraxi stammen aus dem Jahr 1937 und sie zeigen einen kleinen Hügel mit der eingestürzten Nuraghe (Abb. 1).

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Abb. 1 - Der archäologische Bezirk von Su Nuraxi, die Nuraghe vor den Grabungsarbeiten im Jahr 1937 (aus: LILLIU, ZUCCA 1988, Abb. 6, S. 24).

Aus dem Jahr Al 1938 stammt die erste Beschreibung des Monuments des Archäologen Giovanni Lilliu, der den Typ und die Planimetrie der Nuraghe identifizierte (Abb. 2).

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Abb. 2 - Der archäologische Bezirk von Su Nuraxi, die Nuraghe vor den Grabungsarbeiten im Jahr 1937 (aus: LILLIU, ZUCCA 1988, Abb. 8, S. 28).

Der archäologische Bezirk umfasst einen Nuraghenkomplex, bestehend aus einem zentralen Turm sowie 4 äußeren Türmen, einer Ringmauer sowie einem Dorf aus nuraghischer und punisch-römischer Epoche. Die Nuraghe besteht aus Basalt- und Mergelblöcken und sie erhebt sich majestätisch auf einer Hochebene, die die Umgebung dominiert (Abb. 3).

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Abb. 3 - Luftbild des archäologischen Bezirks (Foto von Unicity S.p.A.).

Die systematische Ausgrabung der Fundstätte (Abb. 4), die von 1951 bis 1955 mit den sehr einfachen Mitteln der Zeit unter der Leitung von Lilliu vorgenommen wurden, gestatteten es, verschiedene Phasen der Fundstätte ab der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. (ca. 1600 v. Chr.) bis zur punischen und römischen Zeit (3. Jahrhundert v. Chr.) zu erkennen.

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Abb. 4 - Der archäologische Bezirk von Su Nuraxi, Grabungsarbeiten 1951-56 (aus: LILLIU, ZUCCA 1988, Abb. 10, S. 29).

Nach Auffassung der Mehrzahl der Archäologen handelt es sich bei den Nuraghen um polyvalente Bauwerke, die von einer Stammesgesellschaft errichtet wurden, um das Territorium und dessen Ressourcen zu kontrollieren. Die einfacheren Nuraghen dienten der Überwachung der fruchtbaren Gebiete, des Straßennetzes sowie der Anlegestellen an der Küste. Die komplexeren Nuraghen dienten der Kontrolle des Territorium und sie wurden wahrscheinlich auch für die Aufbewahrung und die Distribution von Gütern verwendet; diese Monumente waren oft zu richtigen Festungen ausgebaut, in denen Lebensmittelvorräte und Wasserreserven gelagert wurden und die Menschen und Tieren Zuflucht bieten konnten (Abb. 5).

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Abb. 5 - Die Fundstätte Su Nuraxi (Foto von Unicity S.p.A.).

Giovanni Lilliu, der Forscher, der den Bezirk von Su Nuraxi ausgegraben und erforscht hat, unterteilt die Entstehung und die Entwicklung des archäologischen Komplexes in 5 Phasen: In der ersten Phase, um das 16. bis 14. Jahrhundert v. Chr., erfolgte die Errichtung der einfachen Nuraghe; in der zweiten Phase zwischen dem Ende des 15. Jahrhunderts und dem 13. Jahrhundert v. Chr. erfolgte die Umwandlung des isolierten Turms in eine komplexe Nuraghe durch Hinzufügung einer Bastion mit 4 äußeren Türmen und einer Ringmauer; in dieser Phase entstand auch der erste Ort, von dem nur wenige Spuren erhalten sind. In der dritten Phase zwischen dem 12. und dem 10. Jahrhundert v. Chr. erfolgte die Erneuerung der Bastion, die Verschließung des Zugang auf der Geländeebene sowie die Schaffung eines höher gelegenen Zugangs; in dieser Phase entwickelte sich ein Dorf mit Hütten mit rundem Grundriss. Während der 4 Phase, zwischen dem 9. und dem 6. Jahrhundert v. Chr. wurde das Monument aufgegeben und es entstand ein Dorf mit Hütten mit zentralem Innenhof; in der 5. Phase, vom 6./5. Jahrhundert bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. erfolgte die Entstehung des punisch-römischen Dorfs mit Umgestaltung der vorausgehenden nuraghischen Hütten sowie der Errichtung neuer Bauwerke; in dieser Phase wurde die Nuraghe erneut für Wohn-, Bestattungs- und Kultzwecke genutzt.

Der zentrale Turm weist heute eine Höhe von ca. 14 Metern sowie zwei übereinander befindliche Kammern auf; ursprünglich war er mehr als 18 Meter hoch und er wies drei Kammern auf; von der oberen aus konnte die Terrasse erreicht werden, die aus einer auf Simsen ruhenden Balkendecke bestand. Die letzteren, die in der ursprüngliche Position eingestürzt sind, sind zurzeit entlang der Einzäunung des archäologischen Bezirks zu sehen (Abb. 6, 7).

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Abb. 6 - T-förmige Blöcke (Foto von Unicity S.p.A.).
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Abb. 7 - Die Simse (Foto von Unicity S.p.A.).

Die untere Kammer weist einen Innendurchmesser von ca. 5 Metern sowie eine Höhe von ca. 8 Metern auf; sie weist zwei große Nischen auf, eine Art von Schrank oder Abstellraum in der Wand, und 4 Meter über dem Boden befindet sich die Öffnung zum Treppenhaus, das ursprünglich über eine Leiter oder eine Strickleiter erreicht werden konnte, um zu den beiden oberen Kammern zu gelangen. Auf der ältesten Struktur der Nuraghe sitzt die vierlappige Bastion auf: 4 Türme, miteinander verbunden durch gerade Mauern, die eine viereckige Figur bilden. Die Türme waren ursprünglich ca. 14 m hoch und wiesen zwei Kammern übereinander sowie einen Silo dazwischen auf; die unteren Kammern weisen zwei Reihen von Schießschachten auf und die oberen Schießschachten waren über ein Gerüst aus Holz zugänglich. Die Bastion und die Türme wiesen wie der Bergfried ein überkragendes Gesims auf. In der Bastion befindet sich ein halbrunder Innenhof mit einem Brunnen (Abb. 8).

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Abb. 8 - Der Brunnen im Innenhof (Foto von Unicity S.p.A.).

Die Nuraghe wurde außerdem durch eine Ringmauer geschützt, die 8 Türme aufwies, zugänglich nur durch zwei schmale Eingänge; eine dritte Tür befand sich an der nordöstlichen Verlängerung der Mauer; diese Zugänge wurden durch die Schießschachten der Türme und der Ringmauer verteidigt.

Das Dorf Su Nuraxi entwickelte sich gegen Ende der Bronzezeit und der Römerzeit; es sind nur wenige Spuren erhalten, die auf das Ende der Bronzezeit datiert werden können. Gegen Ende der Bronzezeit bestand das Dorf aus Hütten mit rundem Grundriss, errichtet aus Basaltblöcken, ursprünglich abgedeckt mit Balken und Zweigen; darunter ist ein rundes Bauwerk mit einem Sitz an der Innenseite der Außenmauer aus, das als „Versammlungshütte von Barumini bekannt ist (Abb. 9).

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Abb. 9 - Das Dorf (Foto von Unicity S.p.A.).

Während der Eisenzeit wurden das Monument und der Ort verlassen. Auf den Ruinen des Dorfs wurde ein neuer Wohnkomplex errichtet, der neue Organisationskriterien aufweist und einem rationalen Plan folgt: In dieser Periode weisen Bauten mehrere rechteckige Räume sowie einen zentralen Innenhof auf; es sind jedoch auch freistehende Gebäude mit rundem Grundriss vorhanden. Einige der Häuser mit mehreren Räumen weisen einen kleinen runden Raum mit zentralem Becken auf, eine so genannte „Rotunde“, die vielleicht kultischen Zwecken diente (Abb. 10).

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Abb. 10 - Die Rotunde mit dem Becken (Foto von Unicity S.p.A.).

Während der langen punisch-römischen Periode wurden viel Bauwerke neu genutzt oder umgeändert, es wurden jedoch auch viele neue errichtet; auch die Nuraghe wurde für Bestattungen, für Wohnzwecke sowie für sakrale Zwecke erneut genutzt. Der Bezirk von Su Nuraxi wurde noch im 6. bis 7. Jahrhundert n. Chr. genutzt, bevor er endgültig aufgegeben wurde. Der Einsturz der oberen Baukörper, die Überlagerung der Nutzung in den verschiedenen Epochen sowie die Ansammlung von natürlichen Ablagerungen haben zur Aufgabe des Monuments geführt, das unter einer Art von kleinem, künstlichem Hügel verborgen lag. Im Jahr 1997 hat die Unesco Su Nuraxi in das Weltkulturerbe aufgenommen (Abb. 11).

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Abb. 11 - Das am Eingang des Komplexes angebrachte Schild, da die Gründe für diese wichtige Auszeichnung angibt (Foto von Unicity S.p.A.).

Es kann also nicht verwundern, dass „der geschlagene Riese“, wie Lilliu das Monument nannte, von der Unesco aufgrund seiner Einzigartigkeit ausgezeichnet wurde, ein wahres Meisterwerk der menschlichen Kreativität sowie ein herausragendes Zeugnis einer untergegangenen Zivilisation. Obschon bei modernen Grabungsarbeiten weitere eindrucksvolle Nuraghen gefunden wurden, ist Barumini bis heute zu „die Nuraghe“ schlechthin, das archaische und zugleich zeitgenössische Symbol der Insel.

 

Bibliografia

  • ATZENI E., In ricordo di Giovanni Lilliu, in L'isola delle torri: Giovanni Lilliu e la Sardegna nuragica. Catalogo della mostra, pp. 31-34.
  • LILLIU G., Il nuraghe di Barumini e la stratigrafia nuragica, in Studi Sardi, XII-XIII (1952-1954), Sassari 1955.
  • LILLIU G., ZUCCA R., Su Nuraxi di Barumini, Sardegna archeologica, Guide e Itinerari, Sassari 1988.
  • MURRU G., Su Nuraxi di Barumini 1950/2000. Le immagini del sito archeologico più famoso della Sardegna dai primi scavi al riconoscimento internazionale dell'UNESCO, Cagliari 2000.
  • MURRU G., Barumini. Su Nuraxi e il villaggio nuragico, Fondazione Barumini Sistema Cultura, 2007.
  • SANTONI V., Il nuraghe Su Nuraxi di Barumini, Guide e Studi, Quartu Sant’Elena 2001.

Credits

Wissenschaftliche koordination
dr. Emanuela Atzeni

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